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Karlsruhe: Premiere der Koproduktion die exen / marotte Figurentheater

Geierwally zwischen Dorfdisco und Hochjoch

Die Geierwally | Foto: Dirk Wildt

Die Geierwally

Die Klötze von Rofen bieten Asyl | Foto: Dirk Wildt

Die Klötze von Rofen bieten Asyl

Führt durch die Geschichte: Wallys Geier | Foto: Dirk Wildt

Führt durch die Geschichte: Wallys Geier

Provoziert ein Wetterleuchten: Wallys Vater | Foto: Dirk Wildt

Provoziert ein Wetterleuchten: Wallys Vater

Tirol: der Ort des Geschehens mit Spielerinnen Carls und Pilstl | Foto: Dirk Wildt

Tirol: der Ort des Geschehens mit den Spielerinnen Carls und Pilstl

05. Aug. 2011 (ub) – 

Rau, kalt und zugig ist es dort oben in den Tiroler Bergen. Und: es herrscht ein garstiger Umgangston: „Tu’s Maul auf“ fährt der alte Mann seine Tochter an, doch die Wally hat ihren eigenen Kopf, die lässt sich nix sagen. Einen Jäger liebt sie nämlich und damit basta. Dem Vinzenz dagegen, den der Vater für sie ausgewählt hat, zeigt sie mehr als nur die kalte Schulter. Da ist ein rechtes Wetterleuchten im Berghof vorprogrammiert.

Doch wie lassen sich solche Gefühlswallungen mit geschnitzten Holzpuppen darstellen? Deren Mimik bleibt jedenfalls starr. Dennoch fiebert das Premierenpublikum im Figurentheater marotte sofort mit.

„Die Geierwally“ als Puppentheater entwickelt sich zur größten Liebesgeschichte seit Romeo und Julia. Die beiden Puppenspielerinnen Dorothee Carls und Annika Pilstl übernehmen alle Rollen. Mal stehen sie in ihren Dirndln aus Malervlies vor der Bergkulisse (ebenfalls mit dem graumelierten Malervlies behängte Gerüste) und „materialisieren“ sich, mal sind sie dahinter verschwunden und überlassen den handgeschnitzten Puppen das Feld, denen sie ihre Stimme leihen. Udo Schneeweiß hat allen Puppen eine lebensechte Aura eingehaucht, jedes Detail stimmt, jede Falte sitzt. Vor allem auch der Geier ist ein echter Hingucker.

Die Aufführung entstand als Koproduktion des Ensembles freischaffender Puppenspielerinnen „die exen“ mit dem marotte Figurentheater. Annika Pilstl hatte schon lange mal Lust auf einen Heimatschinken. „Ich habe zum Geburtstag das Hörbuch Geierwally mit den Geschwistern Pfister bekommen, das hat mir super gut gefallen. Jeder kennt den Film, aber keiner weiß genau, wie die Geschichte geht. Mir war sofort klar, das wäre perfekt für Handpuppen“, erzählt die Puppenspielerin. Ihre Erfurter Kollegin Dorothee Carls war von der Idee begeistert, beide wollten schon länger eine freie Produktion machen. Regie sollte Friederike Krahl von der marotte führen.

Wenn sich drei starke Frauen eine verstaubte Vorlage schnappen, in der sich eine starke Frau emanzipiert und gegen eingefahrene Strukturen kämpft, kann kaum was schief gehen.  „Wir wollten schon richtig in die Story einsteigen, gleichzeitig aber auch mit einer ironischen Distanz arbeiten“, erläutert Krahl und ergänzt: „Ich bin ein Fan von sehr romantischen Geschichten und liebe es ins Gefühl zu gehen, aber eben mit Abstand.“ Das Ergebnis berührt und macht einen Heidenspaß, somit hat Krahl mit ihrer Inszenierung voll ins Schwarze getroffen. Auch die Musik trägt maßgeblich zum Gelingen bei: zwischen Dorfdisco, sächsischen Jodlern und verfremdeten Volksliedern bewegt sich die fein abgestimmte Palette eigens von Andres Böhmer dafür komponierter Stücke.

Die beiden Puppenspielerinnen überzeugen in Höchstform: Man glaubt beispielsweise kaum, dass es wirklich nur zwei Personen sind, die da eine ganze Truppe männlicher Bauern, Jäger und Almbewohner in der Dorfkneipe spielen. Rauf und Runter geht es mit den Gefühlen, als würde man die Zuschauer auch auf die Bergkuppe und wieder ins Tal hetzen. Mal scheinen der Kuss und die Erfüllung der Liebe ganz nah, dann wieder rücken sie in weite Ferne. Doch die Geierwally will immer hoch hinaus: aufs Hochjoch, „da ghör i na“, weiß sie trotzig und lässt, alles, was ihr nicht passt hinter sich. Der Dialekt kommt beiden Spielerin so ungezwungen von den Lippen, als hätten sie nie etwas anders gesprochen.

Rau mag sie sein die Bergwelt, doch der Funken Liebe lässt auch in der Höhe die Leidenschaft entfachen. Begeisterter Applaus für einen kurzweiligen, humorvollen Abend mit einer gehörigen Portion Romantik.

Ute Bauermeister

Die Geierwally feierte am 29. Juli 2011 Premiere im marotte Figurentheater in Karlsruhe.

Informationen

Regie: Friederike Krahl
Spiel: Dorothee Carls, Annika Pilstl
Ausstattung: Udo Schneeweiß
Musik: Andres Böhmer

Koproduktion des Ensembles die exen und des marotte Figurentheaters Karlsruhe

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