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Halle: Des Kaisers neue Kleider

Flotte Damen mit Koffer

27. Nov. 2005 (dw) – 

 

Horst Günther, Autor der UNIMA-Fachzeitschrift "das Andere Theater", schreibt über den Figurensommer Halle 2005*:

... Der zweite Abend begann mit Des Kaisers neue Kleider, vorgeführt von Janine Bohn und Judith Weidmann. Das Andersensche Märchen wurde in eine Rahmenhandlung gesetzt: Zwei flotte Damen auf einem Bahnhof mit Koffern, – sie sind auf der Flucht, sie werden wegen Betruges gesucht. Sie hatten sich nämlich als Schneider ausgegeben und den modenärrischen Kaiser mit ihren Stoffen, die angeblich nur von klugen Leuten gesehen werden können, nackt gemacht. Um den anwesenden Zuschauern die ganze Geschichte vorzuführen, benutzen diese Damen Figuren und Masken. Der Kaiser besteht aus einem Menschenleib und einer riesigen auf Brusthöhe befestigten Maske. Die von den Spielerinnen getragenen Puppen hatten Köpfe mit einer fein typisierenden Bemalung, eine Hand der jeweiligen Spielerin gehört ganz organisch zur Figur. Diese Ausstattung von Carola Pander, Martin Gobsch und Marc van der Kamp war witzig und bildnerisch professionell. Die Spielweise der beiden Damen hatte einen flotten Rhythmus, war begleitet von guter genau passender Musik und tendierte in Richtung Revue. Die Situationen waren eindeutig, die Charaktere geradlinig. Im Unterschied zum Originalmärchen, will der Kaiser die Tochter des reichen Neffen heiraten. Aber als die Prinzessin den fetten Kaiser im wilden Imponiergehabe tanzen sieht, versucht sie verzweifelt der Hochzeit zu entrinnen. Sie verbündet sich mit den Schneiderinnen, und sie ist es auch, die den Kaiser in seiner nicht vorhandenen Hochzeitskleidung öffentlich als "nackt" bezeichnet.
Die Inszenierung enthielt grandiose Details, so wenn der Finanzminister hin und hergeworfen wurde, um seine Entscheidungsnot – teure Kleider des Kaisers bewilligen ja oder nein – zu versinnbildlichen. Oder wenn eine Papierschneidemaschine benutzt wurde, um die als Papierfiguren gestalteten Hofdamen, die in Ungnade gefallen sind, zu köpfen.
Die Spielerinnen stiegen nicht voll und ganz in ihre Figuren ein, sie deuteten an und sie bedienten sich teilweise abgedroschener Sprachklischees (z.B. der näselnde Gefühlsminister).
Diese Aufführung war rund bis glatt, perfekt bis routiniert, heiter bis platt aber durchaus publikumswirksam.
Grandiose Details, heiter bis platt, publikumswirksam.

*Teile dieser Berichterstattung können Sie auch in der Dezember-Ausgabe der UNIMA-Fachzeitschrift "das Andere Theater" lesen.

 

Kurzinfo

Titel:Des Kaisers neue Kleider
Schauspiel: Janine Bohn, Judith Weidmann
Ausstattung: Carola Pander, Martin Gobsch, Marc van der Kamp

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