Lübeck: Hansestadt hat ein neues Figurentheater
Erstmal spanisch rasieren
Die Stadt Lübeck hat eine neue Puppenbühne: Das Figurentheater Lübeck eröffnet heute abend offiziell seinen Spielbetrieb mit dem "Barbier von Sevilla". Das Stück aus dem 18. Jahrhundert passt historisch betrachtet gut in die Stadt der Pfeffersäcke und des Marzipans: Rossinis Musik verspottet die frivole Selbstherrlichkeit des Adels.
Handpuppen, Stabfiguren und sogar Schatten müssen den alten Bartolo davon abhalten, seine gerade 16-jährige Pflegetochter zu ehelichen. Dabei wird verleumdet, verkleidet, entführt und babiert, was das Zeug hält.
Dass die Hansestadt an der Ostsee wieder ein Figurentheater – und vor allem mit vollem Spielplan – hat, ist gleich zweifachem Engagement zu verdanken. Zum einen hat die Possehl-Stiftung Altstadthäuser gekauft, in denen sich auch das Theater befindet, und will die kulturelle Nutzung bewahren. Zum anderen hat ein Teil des Berliner "Kobalt-Figurentheaters" für das ehemalige Marionettentheater ein völlig neues Konzept entworfen und die Leitung übernommen.
Die Bühne ist aus dem "Marionettentheater Fritz Fey" hervorgegangen. Sieben Wochen hat der Umbau zu einem Gastspieltheater gedauert, in dem jetzt alle Arten des Puppentheaters möglich sind – neben Marionetten treten ab jetzt auch Hand-, Tisch und Schattenfiguren auf. Den Umbau hat die Stiftung finanziert.
Am Nachmittag gibt es die erste Vorstellung für Kinder. Das Theater "puppen etc." spielt "Von der Königin, die keine Pfeffernüsse backen konnte". Im Mittelpunkt steht König Valentin. Der möchte heiraten und sucht eine Prinzessin, die nicht nur klug und schön ist, sondern auch Pfeffernüsse backen kann. Ein frommer Wunsch?
Das "Marionettentheater Fritz Fey" bestand fast 30 Jahre. Seine größten Triumphe feierte die Bühne in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, als viele Inszenierungen vom Fernsehen bundesweit ausgestrahlt wurden. Doch gegen immer mehr Zeichentrickfilme, Gameboys und Spielekonsolen kämpften die Marionetten dann irgendwann so erfolglos an wie Don Quichote gegen die Windmühlenflügel. Letztes Jahr kam für das Theater das Aus.
Eine Hälfte des Berliner Kobalt-Figurentheaters, die Theaterwissenschaftlerin und Puppenspielerin Silke Technau und der Puppenspieler Stephan Schlafke, entwarfen für das Theater ein neues Konzept und führten im vergangenen Jahr viele Gespräche mit Frau Fey, Stiftung und Stadt. Ende letzten Jahres packten sie in der Hauptstadt ihre Koffer und zogen in die Hansestadt an derOstsee: Schlafke hat die künstlerische Leitung des neuen Theaters übernommen.
Das Figurentheater Lübeck unterscheidet sich nicht nur dadurch von dem Vorgänger-Theater, dass sich der Spielort nun für alle Formen des Figurentheaters eignet, sondern auch dadurch, dass das Theater ein reines Gastspielhaus ist. Die Stücke des Kobalt-Figurentheaters werden dabei ein wesentlicher Teil des Programms sein.
Nach der Vorstellung des "Barbier von Sevilla" wird es übrigens kein Lübecker Marzipan geben – sondern spanische Tapas. Möglicherweise wird das Theater für die LübeckerInnen so auch zu einem kulinarischen Gewinn.
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Figurentheater Lübeck: