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Salzburger Festspiele: Ein Sommernachtstraum

Elfe liebt Esel

Foto: Matthias Horn

Objekt der Liebe: Der Weber Zettel (Michael Maertens) nach seiner Verwandlung in einen Esel.
Foto: Matthias Horn

Objekt der Liebe: Der Weber Zettel (Michael Maertens) nach seiner Verwandlung in einen Esel.

Handwerker proben das Stück im Stück - vlnr. Andr Meyer (Schnauz/Wand), Pascal Lalo (Flaut/Thisbe), Fabian Krger (Squenz/Prolog), Michael Maertens (Zettel/Pyramus), Oliver Masucci (Schnock/Löwe), Michael Ransburg (Schlucker/Mond) | Foto: Matthias Horn

Foto: Matthias Horn
18. Aug. 2007 (dw) – 

Zettel war Weber, jetzt ist er Esel - verwandelt von dem Elfen Puck. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Die Elfenkönigin Titania persönlich verliebt sich in den Esel. Liebe war auch damals eine reichlich unerklärliche Geschichte - Shakespeare's Sommernachtstraum kam Ende des 16. Jahrhunderts auf die Bühne.
Der Weber Zettel (Michael Maertens) wollte eigentlich nur mit ein paar weiteren Handwerkern ein Theaterstück aufführen. Anlass war die beabsichtigte Hochzeit des Herzogs von Athen.
Schreiner Squenz (Fabian Krüger) versucht als Regisseur des Laientheaters einen geeigneten Proberaum zu finden. Wegen dessen vermeintlicher Geschützheit vor fremden Blicken kommt er auf den nahe gelegenen Wald "bei Mondschein". Was Squenz nicht wissen kann: Im unsichtbaren Reich der Elfen gibt es ein Problem. Der König der Elfen, Oberon (Robert Hunger-Bühler), und Königin Titania (Corinna Kirchhoff) haben Streit wegen eines Kindes. Um Titania gefügig zu machen, soll Oberons Diener, der halbwüchsige Puck (gespielt von den Puppenspielern Jochen Menzel und Johannes Benecke), deshalb der schlafenden Titania den Saft einer besonderen Blume in die Augen tröpfeln. Nach dem Aufwachen wird diese sich in die nächste Kreatur verlieben, die sie sieht. Gleichzeitig treibt Puck seinen Schabernack mit Squenz' Laientheater und verwandelt in eben diesem Wald den Brillenträger Zettel in einen Esel. Ein kleines Missgeschick mit großer Wirkung: Als Titania erwacht, läuft ausgerechnet Esel Zettel durch das Gesichtsfeld der Elfenkönigin. Und so kommt was kommen muss: Titania verliebt sich abgöttisch in das "Ia" und "Aua" stotternde, in alle Richtungen ausschlagende und ständig rotzende Tier.

Unterschlagen wird hier, dass im gleichen Wald Jugendliche kampieren, die auch Opfer des Blumen wedelnden Pucks werden, was bei diesen ebenfalls für viel Verwirrung sorgt und zu schmerzhaften Liebesdramen führt.
In Wirklichkeit sieht das Publikum bei den Salzburger Festspielen, für die Christian Weise Shakespeare's Sommernachtstraum neu inszeniert hat und das heute Abend Premiere feiert, weder Wald noch Mondschein. Die Bühne im Salzburger Landestheater ist leer, die Wände sind nackt, nur von der Decke hängt ein überdimensionierter Lüster. Unter diesem wirken die Schauspieler elfenhaft klein, könnten im Nektar von Blumenkelchen baden und auf Wassertropfen Blätter herunter rutschen.

Dann kommt es zum Theater im Theater: Auf der Hochzeit von Theseus und Hippolyta spielen die Handwerker das Stück "Pyramus und Thisbe". Ihre Bühne ist eine Euro-Palette. Verloren im hohen und weiten Bühnenraum des Salzburger Landestheaters drängeln sich auf diesem Quadratmeter grobem Holz abwechselnd Thisbe (Pascal Lalo) und Pyramos (Michael Maertens) getrennt durch eine Wand (Andre Meyer) sowie Thisbe mit Mond (Michael Ransburg) und Löwe (Oliver Masucci).
Zimmermann Squenz begleitet das Stück vom babylonischen Liebespaar, das sich aufgrund der Feindschaft seiner Eltern eigentlich nicht sehen dürfte, auf seinem Cello. Der dicht neben der Palette platzierte Solo-Musiker hat dabei nicht nur mit seinen Saiten zu kämpfen, sondern auch immer wieder mit Beinen seiner Laienspieler, die sich mangels Platz wiederholt in dem Instrument verirren.
Neben der Europalette gibt es weitere "berufsständische" Utensilien und Kostüme. Der Löwe etwa trägt einen viereckigen Kopf und ein viereckiges Gewand aus Sperrholz. Seine Versuche, wie ein Raubtier zu kämpfen, scheitern spätestens dann, wenn er von dem Quadratmeter Bühne hinunter kippt, dann auf dem Rücken seines Kostüms liegend hilflos mit Armen und Beinen aus der Sperrholzschachtel wedelt.
Auch der Auftritt der Wand zählt zu den vielen Höhepunkten von Weises Inszenierung. Maurer Schnauz spielt diese, bei seinen Bewegungen staubt der Mörtel von seiner Haut. Er muss Pyramus und Thisbe mit seinem Arm trennen, wobei der ausgestreckte Zeige- und Mittelfinger seiner Hand einen kleinen Spalt in dem imaginären Gemäuer bilden sollen, durch die sich das Liebespaar unterhalten kann. Wirken die trennenden Steine nicht mehr überzeugend, weil das Liebespaar sich etwa durch diese hindurch umarmt, trennt die Wand das Liebespaar einfach handgreiflich.
Auch der Abtritt der Laienspieler einschließlich Mehrwegpalette betont wieder die Leere der Bühne - der Weg zu den Türen in der Rückwand ist dutzende von Metern weit.
In dieser Leere ist es Regisseur Weise gelungen, mit halbnackten Menschen, fliegenden Elfen und dem tanzenden Philostrat (Stephen Galloway) Bilder in üppiger Pracht zu malen, vor denen unbeholfene Handwerker verschmitzte Shakespeare-Verse zitieren. Barocke Malerei mit feinsinniger Unterhaltung bis zum letzten Moment.

Dirk Wildt

 

Kurzinfo

Titel: Shakespeare's Sommernachtstraum
Theater: Salzburger Festspiele, Landestheater
Regie: Christian Weise
Bühnenbild: Volker Hintermeier
Kostüme: Su Bühler
Choreographie: Stephen Galloway
Musik: Jens Dohle
Puppenbau: Suse Wächter
Licht: Peter Bandl
Dramaturgie: Gabriella Bußacker
Schausppiel: Robert Hunger-Bühler, Theseus/Oberon; Corinna Kirchhoff, Hippolyta/Titania; Ludwig Boettger, Egeus; Jörg Pohl, Lysander; Patrick Güldenberg, Demetrius; Miriam Wagner, Helena; Mavie Hörbiger, Hermia; Michael Maertens, Zettel/Pyramus; Fabian Krüger, Squenz/Prolog; Oliver Masucci, Schnock/Löwe; Pascal Lalo, Flaut/Thisbe; Andre Meyer, Schnauz/Wand; Michael Ransburg, Schlucker/Mond
Puppenspiel: Hans Jochen Menzel, Puck; Johannes Benecke, Puck; Claudia Acker, Elfe; Oscar Olivo, Elfe

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